Wie gestaltet man eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne? Das „Crowdfunding-Handbuch“ verrät, wie sich Geschäftsideen und Projekte unabhängig von herkömmlichen Finanzierungswegen gemeinsam verwirklichen lassen.
Crowdfunding ist nicht gleich Crowdfunding
Bei Seedmatch suchen Startups nach Investoren, die dann am Unternehmenserfolg beteiligt werden. Hier spricht man auch von „Equity-based-Crowdfunding“ oder „Crowdinvesting“.
Die meisten Menschen kennen Plattformen wie Startnext oder Kickstarter, bei denen Projekte (fast) aller Art per „Reward-based-Crowdfunding“ finanziert werden können – egal ob fair produzierte Turnschuhe, ein Möbelbauprojekt mit Flüchtlingen oder die Produktion eines Musikalbums. Finanzielle Unterstützung wird hier mit Produktproben, Gutscheinen oder gutem Karma belohnt.
Alle Crowdfunding-Arten haben eins gemeinsam: Mit ihnen lassen sich Ideen unabhängig von herkömmlichen Finanzierungsmethoden verwirklichen – einfach, weil genug Menschen sie verwirklicht sehen wollen.
Aber wie erreicht ein junges Unternehmen Investoren, wie ein Verein oder eine Band Unterstützer? In Zusammenarbeit mit der Plattform Startnext, die 2010 als erste deutsche Crowdfunding-Plattform ihrer Art gegründet wurde, ist vor kurzem ein Ratgeber und Wegweiser für Crowdfunding-Interessierte erschienen.
Experten geben Tipps und Starter teilen ihre Erfahrungen mit Crowdfunding
„Ideen gemeinsam finanzieren“ lautet der Slogan des 240-seitigen „Crowdfunding-Handbuchs“. Zusammen mit der Autorin Ulrike Sterblich geben die Startnext-Gründer Denis Bartelt und Tino Kreßner sowie die Kommunikatorin Anna Theil darin Einblicke in ihren Schatz an Crowdfunding Erfahrungen, der in den letzten fünf Jahren stetig gewachsen ist.
Das Buch steigt mit einem kurzen theoretischen Abriss zur Welt der Schwarmfinanzierung ein, ehe schrittweise eine Anleitung für eine Crowdfunding-Kampagne geliefert wird. Dank der vielen Kurzinterviews mit erfolgreichen Startern merkt der Leser dabei sofort, wie wichtig die gegebenen Tipps tatsächlich sind.
Auf der Website zum „Crowdfunding-Handbuch“ gibt es neben einer Leseprobe auch noch nützliche Links und Dokumentvorlagen, z. B. zur Kostenkalkulation oder für Spendenquittungen. Die Planungen vor, während und nach der Kampagne dürften so vielen Crowdfunding-Interessierten leichter von der Hand gehen.
Ohne zu viel vorwegzunehmen, hier die vier wichtigsten Tipps für ein erfolgreiches Crowdfunding:
1.) „Wissen ist Macht“
Wer ein Crowdfunding starten will, sollte sich vorab umfangreich informieren und wissen, auf welcher Plattform er starten will. Außerdem sollte sich mit den rechtlichen und steuerlichen Folgen eines Crowdfundings vertraut gemacht werden. Auch wichtig: Wie haben andere Startups und Starter vorher ihre Kampagnen aufgezogen? Was lief bei ihnen gut, was nicht? Unser Paradebeispiel in Sachen „erfolgreiche, weil detailliert geplante Crowdfunding-Kampagne“ ist die zweite Finanzierungsrunde von Protonet. Warum? Das verraten wir in unserer Analyse.
2.) Den Aufwand nicht unterschätzen
Video drehen, Texte schreiben, ein paar Leute bei Facebook auf das Funding aufmerksam machen, Geld einsammeln, fertig: So überschaubar stellen sich viele Leute den Aufwand für ein Crowdfunding vor. Doch das ist ein Trugschluss. Bei einem Crowdfunding kommt es darauf an, genug Zeit und Ressourcen einzuplanen, wenn es um die Vorbereitung, Umsetzung und Nachbereitung angeht.
Zudem kommen schon während der Kampagne immer neue zeitintensive Aufgaben hinzu – etwa die Beantwortung von Presseanfragen oder der Dialog mit Investoren und Unterstützern. Und nicht zuletzt bleibt die Crowd auch nach dem Funding Teil des Unternehmens und hat Anspruch und Interesse, weiter über die Entwicklung des Projektes oder des Unternehmens informiert zu werden.
3.) Qualität gewinnt
Crowdfunding bedeutet zwar, dass eine Masse an Menschen begeistert und aktiviert werden soll, aber dennoch muss dabei auch die individuelle Ansprache gelingen. Hier zählt vor allem die Qualität der Präsentation – angefangen beim Pitch-Video, den Bildern und den Texten. Wer also kein Experte für Video-Produktion, Fotografie oder PR ist, sollte sich rechtzeitig Unterstützung an Bord holen, damit die Kampagne eine runde Sache wird.
4.) Kommunikation ist das A und O
Der Erfolg einer Crowdfunding-Kampagne ist maßgeblich von der Kommunikation abhängig. Vor und während des Fundings ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen von der Idee erfahren. Hier gilt es den Leuten eine Geschichte zu erzählen (sog. „Storytelling“), die glaubhaft und authentisch ist. Schließlich soll gezeigt werden, dass die vorgestellte Idee für eine Vielzahl von Menschen spannend oder nützlich ist. Das funktioniert einerseits über die bestehenden Communities der Crowdfunding-Plattformen, vor allem aber über die Presse.
Kein Call-to-Action im Online-Marketing kann die Berichterstattung in den Medien ersetzen. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind die Social-Media-Kanäle, in denen regelmäßig Beiträge, Updates und Fotos zum Startup oder Projekt geteilt werden sollten. Auch nach dem Funding sollte die Kommunikation zur Crowd nicht abreißen – immerhin hat sie die Idee unterstützt und glaubt an das Projekt! Bei Seedmatch gibt es z. B. einen geschlossenen Investor-Relations-Kanal, in dem News und Quartalsberichte mit den Investoren geteilt und diskutiert werden können.
Fazit: Für Starter gedacht – aber auch für Startups lehrreich
Das „Crowdfunding-Handbuch“ ist vor allem für Leute geeignet, die ein Projekt auf einer Plattform für Reward-based-Crowdfunding finanzieren wollen. Die Anforderungen an Inhalte, Präsentation und Kommunikation sind hier oftmals andere als etwa bei Seedmatch.
Das liegt nicht zuletzt an den unterschiedlichen Zielgruppen, die an die Projekte unterschiedliche Erwartungen haben: Bei Startnext unterstützt der Schwarm eine Idee finanziell und bekommt als Dankeschön das fertige Produkt oder ein zum Projekt passendes Goodie; bei Seedmatch investiert der Schwarm Kapital in junge Unternehmen, um im Bewusstsein eines möglichen Totalverlustes des eingesetzen Geldes auf eine attraktive Rendite zu hoffen. So steht auf der einen Seite ein reiner Produkt-Case, auf der anderen (zusätzlich) ein Investment-Case, der mit entsprechenden Argumenten untermauert werden muss.
Trotzdem: Auch für Startups, die sich bei Seedmatch für ein Crowdinvesting bewerben wollen, ist das Handbuch empfehlenswert. Die Hinweise bezüglich der Planung, der Kommunikation und des Marketings sind für jede Crowdfunding-Kampagne essentiell und können für den Erfolg oder Misserfolg entscheidend sein.
Das Crowdfunding-Handbuch – Ideen gemeinsam finanzieren
von Ulrike Sterblich, Tino Kreßner, Anna Theil u. Denis Bartelt
240 Seiten, illustriert, Klappenbroschur
€ 20,- (D) | € 20,60 (A) | SFr 27,50 (CH)
ISBN 978-3-936086-80-5
„Further reading“: Vor einiger Zeit haben wir bereits das Buch „Startup-Crowdfunding und Crowdinvesting: Ein Guide für Gründer“ vorgestellt. Unsere ehemaligen Seedmatch-Kollegen Dana Melanie Schramm und Jakob Carstens veranschaulichen darin ebenfalls mit Hilfe von Praxisbeispielen und Interviews mit Gründern und Investoren, worauf es bei einer erfolgreichen Crowdinvesting-Kampagne ankommt und was es zu beachten gilt.